Heute vor genau 150 Jahren, also am 15. Mai 1871, wurde im Reichsstrafgesetzbuch der §218 eingeführt: Schwangerschaftsabbrüche wurden fortan bestraft! Auch heute sind Schwangerschaftsabbrüche noch immer strafbar.
Darüberhinaus wird bis heute im §219a des Strafgesetzbuch Ärzt:innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, untersagt, Informationen darüber bereit zu stellen (auch bekannt als Werbeverbot für Abtreibung).
Aus diesem Anlass möchten wir heute über Abtreibung* aufklären. Vom Ablauf inkl. Beratung und Durchführung über die Folgen, bis hin zu den Kosten. Wir hoffen, dass wir damit das Thema weiter enttabuisieren können und langfristig die Aufklärung des Themas verbessern. Denn nur eine angemessene Aufklärung und Beratung hilft Schwangeren eine solche Entscheidung differenziert zu treffen.
Im Folgenden haben wir daher Informationen rund um den Schwangerschaftsabbruch zusammengestellt. Diese dienen lediglich zur Information und ersetzen kein Gespräch bei einer anerkannten Beratungsstelle.

Die Gründe, warum man sich in diesem Fall für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet sind vielfältig, persönlich und individuell verschieden.
Wie ist der Ablauf, wenn man einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung zieht?
Als erstes wendet man sich an eine Beratungsstelle, wie z.B. pro familia, für eine Schwangerschaftskonfliktberatung. Falls man sich zunächst anonym informieren möchte gibt es die Beratungshotline „Schwangere in Not – anonym und sicher“ mit der Telefonnummer 0800 – 4040020.
Nach der Beratung müssen mindestens drei volle Tage vergehen, bis man den Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen kann. Wer sich also am 1. Juni beraten lässt, kann frühestens am 5. Juni den Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen.
Bei der Beratung bekommt man anschließend einen Beratungsschein. Dieser Schein ist wichtig, da zurzeit ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland nach wie vor strafbar ist. Jedoch bleibt er straffrei, wenn man einen Beratungsschein hat.
Außerdem bekommt man eine Liste mit Ärzt:innen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen.
Ohne diese Liste ist es tatsächlich auch relativ schwierig, eine Ärzt:in zu finden, die den Abbruch durchführt, da es für Ärzt:innen riskant ist, öffentlich darüber zu informieren.
Lade dir HIER bei Bedarf die Ablauf-Grafik als PDF herunter.
Wie läuft das Beratungsgespräch ab?
Als aller erstes: Niemand muss sich bei dieser Beratung rechtfertigen oder seine Gründe darlegen. Wer nicht darüber sprechen möchte, muss das auch nicht. Wer einen Beratungsschein möchte, bekommt diesen auch.
Die Beratung ermöglicht es, offen über Gefühle, Gedanken und Ängste zu sprechen und Fragen zu stellen. Sie kann dabei helfen, das Für und Wider abzuwägen und begleitet den Entscheidungsprozess.
Außerdem erhält man Informationen sowohl zu finanziellen und sozialen Hilfen, falls man sich für die Geburt des Kindes entscheidet, als auch zum genauen Ablauf eines möglichen Schwangerschaftsabbruchs.
Jugendliche unter 18 brauchen gegebenenfalls die Zustimmung der Eltern. In der Regel wird davon ausgegangen, dass Jugendliche ab 16 selbst für sich entscheiden können. Bei Jugendlichen zwischen 14 und 16 muss die Ärzt:in sich vergewissern, dass die Jugendliche das Für und Wider des Abbruchs verantwortlich abwägen kann und sich der Tragweite des Eingriffs bewusst ist.
Nach dem Beratungsgespräch vereinbart man einen Termin bei einer Ärzt:in.
Wie wird ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt?
Bei der Ärzt:in wird ein Ultraschall gemacht, um die Dauer der Schwangerschaft festzustellen. Gelegentlich wird auch Blut abgenommen, um eine Bestimmung des Schwangerschaftshormons ß-HCG durchzuführen.
Ein Schwangerschaftsabbruch ist bis zur 12. Woche nach Befruchtung der Eizelle (14. Woche nach der letzten Menstruation) möglich. Unter bestimmten medizinischen Indikationen ist es möglich, auch nach der 12. Woche die Schwangerschaft abzubrechen.
Beim Schwangerschaftsabbruch gibt es zwei verschiede Methoden: Der operative und der medikamentöse Abbruch.
Ein medikamentöser Abbruch kann bis zur 7. Woche nach Befruchtung der Eizelle (9. Woche nach der letzten Menstruation) durchgeführt werden.
Dabei werden zwei verschiedenen Medikamenten eingenommen. Diese erhält man direkt bei der Ärzt:in. Das erste Medikament blockiert die Wirkung des Schwangerschaftshormons Progesteron. Dadurch endet die Schwangerschaft und es kommt zu einer Blutung.
Das zweite Medikament wird zwei Tage später eingenommen. Dieses bewirkt eine Erweichung und Öffnung des Gebärmutterhalses sowie das Zusammenziehen der Gebärmutter, wodurch das Schwangerschaftsgewebe ausgestoßen werden.
Typische Nebenwirkungen der Medikamente sind Unterleibsschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.
Etwa 7 bis 14 Tage später wird nochmals ein Kontrollultraschall durchgeführt, um zu schauen, ob sich eventuell noch restliches Gewebe in der Gebärmutter befindet.
Gegebenenfalls wird nochmals Blut abgenommen, um den ß-HCG-Wert mit dem Ausgangswert vor dem Abbruch zu vergleichen.
Falls sich noch restliches Gewebe in der Gebärmutter befindet kann dieses mit einer Ausschabung (Kürettage) entfernt werden.
Wenn die Dauer der Schwangerschaft zwischen 7 und 12 Wochen (9 bis 14 Wochen nach der letzten Menstruation) liegt, kann ein operativer Abbruch durchgeführt werden. Der operative Abbruch wird entweder in Vollnarkose durchgeführt oder der Muttermund wird örtlich betäubt. Meistens wird eine Saugkürettage verwendet. Dabei wird das Schwangerschaftsgewebe abgesaugt. Alternativ kann eine Ausschabung (Kürettage) durchgeführt werden.
Beim operativen Abbruch kann es selten zu Verletzungen der Gebärmutterwand kommen. Auch Blutungen, Entzündungen oder Fieber sind möglich.
Wer trägt die Kosten?
Die ärztliche Beratung vor dem Schwangerschaftsabbruch sowie die ärztliche Betreuung nach dem Abbruch werden von den Krankenkassen übernommen.
Die Kosten für den eigentlichen Abbruch müssen selbst gezahlt werden.
Ein operativer Abbruch kostet ca. 400-600€ und ein medikamentöser Abbruch ca. 200-300€.
Wenn man kein oder ein sehr niedriges Einkommen hat werden die Kosten in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Dafür muss man vor dem Schwangerschaftsabbruch einen Antrag auf Kostenübernahme stellen.
Nach dem Schwangerschaftsabbruch
Der neue Menstruationszyklus beginnt direkt nach dem Schwangerschaftsabbruch. Das heißt, dass nach etwa zwei bis vier Wochen der nächste Eisprung sein wird und nach etwa vier bis sechs Wochen die nächste Menstruation einsetzt.
Um eine erneute ungewollte Schwangerschaft zu vermeiden kann man sich sowohl bei der Beratungsstelle als auch bei der Ärzt:in über eine geeignete Verhütungsmethode beraten lassen.
Ein Schwangerschaftsabbruch wird von jedem unterschiedlich verarbeitet. Die einen empfinden Erleichterung, andere empfinden Trauer. Auch depressive Verstimmungen und Schlafstörungen können auftreten. Wie man auf einen Schwangerschaftsabbruch reagiert hängt auch mit der hormonellen Umstellung zusammen.
In Studien wurde gezeigt, dass ein Schwangerschaftsabbruch in den meisten Fällen keine langfristigen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hat.
Trotz dessen empfinden viele einen Abbruch als belastend. Daher stehen die Beratungsstellen auch nach einem Abbruch noch weiter zur Verfügung und bieten unterstützende Gespräche an.
Hier nochmal der Ablauf und die wichtigsten Infos kurz zusammengefasst:
- Termin bei der Schwangerschaftskonfliktberatung vereinbaren, z.B. bei pro familia
- Bei der Beratung bekommt man auf Wunsch einen Beratungsschein und eine Liste mir Ärzt:innen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen
- Anschließend vereinbart man einen Termin bei einer dieser Ärzt:innen
- Bei der Ärzt:in wird ein Ultraschall sowie ggf. ein Blutabnahme durchgeführt
- Nach der Beratung müssen drei volle Tage vergehen, bis man den Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen kann
- Beim Schwangerschaftsabbruch gibt es zwei verschiede Methoden: Der operative und der medikamentöse Abbruch
- Ein Schwangerschaftsabbruch kann in der Regel bis zur 12. Woche nach Befruchtung der Eizelle (14. Woche nach der letzten Menstruation) durchgeführt werden
- 7 bis 14 Tage nach dem Abbruch wird nochmals ein Kontrollultraschall durchgeführt
- Die Kosten liegen zwischen 200-600€ und müssen selbst gezahlt werden. Bei geringem Einkommen kann vor dem Abbruch ein Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse gestellt werden
Hier findest du Rat und weitere Informationen:
- Beratungshotline „Schwangere in Not – anonym und sicher“: Telefonnummer 0800 – 4040020
- Beratungsstellen: https://www.geburt-vertraulich.de/home
- Informationsbroschüre von pro familia: https://www.profamilia.de/fileadmin//publikationen/Reihe_Koerper_und_Sexualtitaet/schwangerschaftsabbruch.pdf
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Quellen:
- Susanne Classen MW. Was ist die Abtreibungspille? 2020 (aufgerufen am 28.02.2021) [Available from: https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/schwangerschaft-und-geburt/was-ist-die-abtreibungspille-2013540.
- Oesterle D. Abtreibung 2020 (aufgerufen am 28.02.2021) [Available from: https://www.netdoktor.de/schwangerschaft/abtreibung/.
- profamilia. Schwangerschaftsabbruch 2015 (aufgerufen am 05.03.2021) [Available from: https://www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Reihe_Koerper_und_Sexualtitaet/schwangerschaftsabbruch.pdf.
*A N M E R K U N G:
Wir möchten niemanden mit dem Gebrauch des Begriffs "Abtreibung" verletzen, sondern hoffen, dass der Begriff binnen Kürze den Kern des Themas vermittelt, wodurch wir möglichst viele Menschen erreichen und aufklären können.
Ich finde deinen Beitrag echt gut, es gibt so wenig Informationen im Internet dazu.
Im Endeffekt muss auch jeder selber entscheiden was er macht, bringt ja nichts wenn jemand gar keine Kinder will und das Kind z.B im Heim landet.
Ich persönlich empfinde Kinder als Belastung und will selber keine Kinder bekommen und das wird von der Gesellschaft schon komisch beäugt. Aber es ist nun mal meine Entscheidung!
Also Danke für die Aufklärung ☺️
Schreib uns gerne deine Meinung!